Moin Antennenbauer! Gelegenheiten muß man ausnutzen, so besitze ich seit gestern neue Erfahrungen mit Silvesterraketen. Mit ihnen kann man Bind- oder Nylonfaden über Bäume etc. schießen, um dann Drahtantennen damit hochzuziehen. Vorgeschichte Vor etwa zwei Jahren blätterte ich in einem Katalog für Bastelmaterial. Als mein Blick auf einen ganz einfachen Bausatz für ein Raketenmodell fiel, war innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde klar: das wird geordert! Die Gedankenverbindung Rakete-große Höhe-Antenne schien vor meinem geistigen Auge sehr nützlich in praxi zu sein; man erkennt, auch ohne Internet läßt sich "vernetzt" denken. Widrige Umstände verhinderten die Erprobung des Modells, erst vor sechs Wochen erfolgte ein erster Test am Rande eines Spargelfeldes. Am Modell waren 50m dünner Bindfaden befestigt, dann zündete ich den Treib- satz. Der second op - über seinem Korb hängt ein Schild mit der Aufschrift cave canem - war von den nun folgenden Geräuschen nicht erfreut und nahm eine größere Distanz zur Startrampe ein. Dabei dauerte die Geräuschent- wicklung nur geschätzte kanpp zwei Sekunden. Die Rakete hob wie geplant unter 45ø ab, die Flugbahn erschien trotz des mitgeschleppten Fadens parabelförmig, in einer Entfernung von (wieder geschätzten) 70m erfolgte wieder Bodenkontakt der Rakete. Soweit war ich zufrieden, die Flughöhe war nach Augenmaß zumindest so groß, wie die, die die Pfeile des DL6FT erreichen. Negativ verliefen die Bergungsversuche: trotz systematischer Absuche des Spargelfeldes sah ich die Rakete während ihres Fluges zum letzten Mal, aber das ist doch eine schöne Erinnerung. Sicherlich hätte sich das Modell unter tatkräftiger Hilfe meines OV F66 wiedergefunden, man muß ja nur jede Reihe (100m Länge, 124 in der Zahl) sorgfältig abschreiten. Dieser Aufwand unterblieb, ich eilte nach Hause, holte ein Fernglas und suche weiter vergeblic das Landegebiet ab. Vorbeikommende Fußgänger sahen mich dabei seltsam an, die wußten eben nichts vom Ziel In den folgenden Tagen wurde das Spargelfeld gepflügt, so erübrigten sich so weitere Versuche, das Modell zu bergen. Das Verschwinden des Modells war schnell verkraftet, ein solches kann leicht wieder gebastelt werden, Treibsätze besaß ich ja noch. Für die zukünftigen Experimente nahm ich zwei Erkenntnisse mit: das nächste Modell wird mit Leuchtfarbe angemalt und der (längere) Faden festgehalten/-bunden. Man lernt dazu, wenn es kleinschrittig erfolgt. Der Funkamateur ist ja fortschrittlich! Silvesterraketen Der Bau einer zweiten Rakete wurde auf das nächste Jahr verschoben, die nächsten Starts sollten mit kommerziell hergestellten Fluggeräten erfolgen. Der Jahreswechsel stand an und damit die Gelegenheit, Silvesterraketen zu erwerben. Die optischen und akustischen Nebeneffekte beim Start wollte ich in Kauf nehmen, die Mehrzahl der Käufer erwirbt diese Raketen ja nur wegen dieser Effekte. Nicht so ich, mir kam es primär auf eine große Höhe an. Ab 29.12.1997 wurden die Silvesterartikel mit Knall- und Lichtwirkung angeboten und seit 30 Jahren war ich wieder am Umsatz beteiligt. Schnell war klar, die Steighöhe der Raketen muß experimentell ermittelt werden. Nur einmal stellte ich einem Verkäufer eine Frage in diese Richtung; nein, die Angaben auf den Raketen ließen nur Schlüsse auf die optischen Effekte zu. Mißtrauisch sah er mich dabei an und vermutete wohl eine nicht artgerechte Verwendung der Raketen. Prinzipiell lag er richtig, doch seine Gedanken gingen eher in Anwendung für kriminelle Zwecke, so deutete ich sein Verhalten. Da mir die Zeit (und auch da Geld) für Langzeitversuche fehlte, plante ich einige Raketen zu erwerben, diese zu testen (Spargelacker) und dann nur die für meine Zwecke geeigneten zu erwerben. Diese Idee konnte ich nicht so in die Tat umsetzten, leider wurden Raketen nur im Sortiment angeboten, teilweise auch zusammen mit Knallkörpern diverser Art, für die ich nun überhaupt keine Verwendung hatte. Was waren das noch für Zeiten, als man die Raketen einzeln kaufen konnte! Da ist die Entwicklung an mir vorbei- gegangen - man wird eben alt... Nach Vergleich des Angebotes an mehreren Verkaufsstellen zeigte sich dieses nahezu identisch, es erinnerte sehr an einen Teil des Software-Marktes. In diesem Fall bewertete ich es als Vorteil für meinen Geldbeutel, man muß nicht viele Sortimente testen, zwei sollten reichen. Geplant, getan. Zuerst kaufte ich für den Freundschaftspreis einer PL519 ein Sortiment, das acht Raketen enthielt. Die XYL wunderte sich zwar über meinen Kauf, ihr war aber klar, daß dieser Einkauf im weitesten Sinn mit Antennen zu tun haben muß, da hat sie schon Erfahrung und auch diesen Einkauf nahm sie gelassen auf. Hund Bobbi hätte den Kauf nie verstanden: was hätte man für das Geld an Dosenfutter bekommen - und wie kann der Peter so blöde Raketen kaufen, die Hunden nur Angst machen... Der nächste Raketentest fand ohne Bobbi statt, ich kannte ja die Geräusch- entwicklung noch nicht. Als Startrampe diente jetzt ein Al-Rohr, 80cm lang, in das der Holzstab gut paßte. 60m Bindfaden wurden auf dem Feldweg ausgelegt, die restlichen 20m waren noch auf einem großen Platinenstück aufgewickelt. So konnte mir die Antenne nicht mehr entkommen. Nach Zündung der Lunte hob die Rakete ab, die Flugbahn war recht stabil. Masse der Rakete vor dem Start 38g, nach Landung 16, ohne Faden. Einzig die Flughöhe (etwa 20m, läßt sich aber in freiem Gelände schlecht schätzen) war unbefriedigend, wenn auch durch anderen Abschußwinkel diese noch zu erhöhen war. So wurde am nächsten Tag der Kauf eines zweiten Sortiments beschlossen, mit größeren Raketen. Ob größere Raketen größere Höhen ergeben würden? Natürlich erreichten Silvesterraketen große Höhen, wie ich aus eigener Anschauung als Beobachter des Himmels beim Jahreswechsel kannte. Doch diese waren eben nicht am Boden festgebunden, mußten keinen Faden mit in die Höhe bringen. 80m Bindfaden haben 48g Masse, die Nutzlast von 24g für 40m Faden ist gegen- über den 38g der Raketenmasse beträchtlich. Das nun erworbene Sortiment enthielt auch vier größere Raketen mit 73g Masse im Mittel. Diese sollten am 31.12 zum Einsatz kommen, aber bei Tageslicht und nicht am Spargelfeld, sondern gleich einen Faden über die große Krone des Baumes ganz in der Nähe meines QTH (35m Luftlinie, 25m hoch). An diesem Tag sind schon andere Zeit- genossen mit dem Zünden von Knallkörpern und Raketen beschäftigt, mein Tun erscheint nicht ungewöhnlich. Das war bei den Übungen mit Pfeil und Bogen eine andere Erfahrung. Ich brachte die Startrampe in Position, richtete sie aus - nach dem Prinzip Hoffnung, denn so einfach ist die Bahn einer Rakete wegen des Massenverlustes und der sich ändernden Beschleunigung nicht zu berechnen. Jeglicher Aufwand mit Näherungsverfahren hätte sich auch nicht gelohnt, denn der Faden macht durch diese Rechnung einen Strich, die Reibung Faden-Boden ist bei realem Boden nicht kalkulierbar, schon Grashalme oder kleine Steine ergeben zusätzlichen Widerstand, wie man leicht nachprüft: einfach etwas Faden auslegen und an einem Ende ziehen. Vor dem Start der ersten größeren Rakete sollte ein anderer Versuch stattfinden: ein Treibsatz, der für die verschwundene kleine Rakete vorgesehen war, wurde per Klebeband auf dem Holzstab (6g) der schon abgeschossenen kleineren Silvesterrakete befestigt. Motiviert war ich dadurch, daß die Flugbahn der kleinen Silvestrerrakete gestern sich trotz des einfachen Aufbaus als recht stabil zeigte. Der Stab war durchbohrt, durch die Bohrung steckte ich einige Zentimeter Cu-Draht, dessen Enden verdrillt wurden. So konnte nun der Faden durch die Drahtöse gezogen und verknotet werden. Stimmt die Richtung dee Startrampe immer noch, hängt der Faden auch nicht an einem Stein fest? Etwas gespannt war ich schon, denn die Rakete zielte nun nicht auf einige Hektar Spargelfeld, sondern rund um das Startgelände befanden sich Bäume (auf einen hatte ich es ja abgesehen), in weiterer Entfernung aber auch Straßen, Häuser, Autos und selbstverständlich auch Lebewesen. Nur Mut, kein Tier oder Mensch in der Nähe (Insekten ausgenommen), anzünden! Wenn man vorher genau weiß, was passiert, ist es ja kein Experiment. Und Amateurfunk ist doch experimenteller Funkdienst. Der Start klappte prima, die Rakete stieg und stieg, über den Baum, dann immer höher, die Flugrichtung wurde kaum geändert. Dann endete der Steigflug, es ging abwärts. Der Faden hing über dem Baum, nicht ganz optimal, aber das war ja der erste Versuch dieser Art! Die Rakete wurde vom Bindfaden in knapp 5m Höhe gehalten, die Reibung Faden-Baum verhinderte Bodenberührung. Schnell im Gartenhaus gesucht und zwei passende Fiberglasstäbe zusammenge- steckt. Mit dieser Armverlängerung (am Ende per Schlauchschelle war ein Haken befestigt) konnte ich nun die Rakete erreichen. Nach einigen Versuchen verfingen sich Rakete und Haken, ich zog. Leider zu fest, die Rakete löste sich vom Faden und fiel zu Boden. Schade, allerdings hatte es doch besser geklappt als erwartet - ehrlicherweise hatte ich so gar nicht viel erwartet, sondern nur gewünscht und gehofft, denn Erfahrungswerte mit dieser Kombination Stab-Treibsatz hatte ich nicht, was Höhe oder Stabilität der Flugbahn betraf. So holte ich den nächsten Treibsatz, befestigte ihn am Stab, wieder Faden auslegen, nun besser am Stab befestigen, für die Startrampe wurde ein anderer Platz gesucht. Lage peilen, Zündung, und ab ging es wieder! Beindruckend hoch, etwas zu weit links, mit Fernsteuerung war aber nichts. Dummerweise flog das Objekt über über das Ende des Daches eines unbewohnten dreistöckigen Rohbaus und kam irgendwo hinter dem Haus auf. Die Situation war mir etwas unangenehm, Ziehen am Faden war angesagt. Endlich trennten sich Stab und Faden, war ja diesmal besser festgeknotet. Bei diesem zweiten Versuch beließ ich es gestern mit meinen Raketenstarts, nach den ernutigenden Tests gehen aber die Versuche in naher Zukunft weiter. Ich hatte ja schon einen Draht mit Pfeilhilfe (DL6FT) in größerer Höhe auf dem Baum befestigt. Diese Antenne (schräger Draht, etwa unter 35ø nach oben gehend, Länge durch die Entfernung niedrigster Punkt-höchster Punkt vorge- geben, etwa 45m, mit Mini-Erdnetz) war meine Antenne für 160m, und ich wollte DL7VEE and Company in ZB2 auf 160m nicht verpassen, mühsam ernährt sich der DJ2ZS auf 160m. Ich befürchtete während der Arbeiten (fest am Faden ziehen u.s.w.) die existierende Antenne abzureißen, das Risiko wollte ich gestern vermeiden, trotz der für mich ermutigenden Ergebnisse. Es wurde auch langsam dunkel. Später klappte das auch noch mit ZB2/DL7VEE auf 1829 kHz und kurz danach hörte mich JH1RES auf 1831 kHz. Zwei neue Länder auf 160m, das war ein schöner Jahresabschluß! Um Mitternacht schließlich wurden, da ja noch reichlich vorhanden, für jedes neue Land auf 160m eine Rakete so benutzt, wie es die meisten Leute machen. Bobbi durfte (ausnahmsweise) während der Zeit der größten Knallerei zwischen XYL und mir auf dem Sofa sitzen, mittelgroße Hunde (30kg) haben an Silvester deutlich mehr als mittelgroße Angst. Wenn er wüßte, das sein Chef noch einige Raketen besitzt und sogar noch Kanonenschläge (waren beim ersten Sortiment dabei). Von den übrigen Raketen im Kofferraum weiß die XYL auch noch nicht, die noch im Wohnzimmer befindlichen sind ihr schon genug. Erkenntnisse, Erkenntnisse, Schlüsse Hier in Kurzform meine Wertung der Versuche. Das Kapitel Raketen verfolge ich weiter und sehe da noch Möglichkeiten zur Verbesserung, bis jetzt hat sich noch niemand über die gestrigen Versuche negativ geäußert. a) Silvesterraketen haben primär optische Begleiteffekte, die akustischen Nebeneffekte sind nicht sehr groß. b) Für Steighöhen von mehr als 20m eignen sich nur die großen Raketen. c) Diie Flugbahnen sind in Bezug auf die Stabilität brauchbar. c) Einfachste Raketen (Stab und Treibsatz) erreichen Höhen von etwa 60m mit(!) Faden (Höhe wurde durch Ausmessen des Restes des mäanderförmig ausgelegten Fadens ermittelt bei 60ø Abschußwinkel). d) Als Startrampe eignet sich ein einfaches Al-Rohr. e) Die Stabilität der Flugbahn sollte besser sein, in dieser Hinsicht werde ich experimentieren. Man mache sich aber die Einfachheit des beschriebe. nen Modells klar: Holzstab und Treibsatz, per Klebeband befestigt. Dafür bin ich mit den Ergebnissen sehr zufrieden. f) Die Geräuschentwicklung der Treibsätze ist den Mitmenschen zumutbar, diese Raketen kann man jahreszeitunabhängig starten. g) Raketen bieten ein alternatives Hilfsmittel beim Antennenbau an, i) Ob, wann, wo und wie er Raketen einsetzt, entscheidet jeder für sich, ist bei Pfeil und Bogen auch so. Für die, die mit Raketenmodellen experimentieren wollen, ein paar Hinweise. Treibsätze gibt es u.a. bei der Firma OPITEC in 97232 Giebelstedt, auch im neuen Katalog von ELV wird man fündig. Bin an keiner der genannten Firmen beteiligt, leider. Sicherlich sind auch Modellbauläden eine gute Adresse, vielleicht gibt es sogar eine spezielle Zeitschrift dazu. In dieser Hinsicht habe ich aus Zeitmangel noch nicht die Literatur gesichtet; so bin ich für Hinweise dankbar. Eine ganz andere Idee Der Vorschlag meiner XYL, einen dressierten Affen Antennendrähte an für Menschen unzugägliche Punkte zu bringen, läßt sich in der hiesigen Region nicht realisieren. Auch solcherart konditionierte Vögel einzusetzen ist ebenso ein nicht ernstgemeinter Vorschlag, beide sind aber prinzipiell realisierbar. Viel leichter diese Idee: ein Modellhubschrauber ist doch die Sache! Große Höhen sind erreichbar, die Flugbahn und Geschwindigkeit (fern)steuerbar, das Flugobjekt immer wieder einsetzbar. Erste Informationen fand ich int "ROTOR", dem Magazin für Modellhubschrauber. Wie erwartet: diese Flugobjekte wird man sich wegen des Preises nicht einfach so nebenbei zulegen - die Preise fangen bei etwa 500.-DM an, Spitzenmodelle kann man gegen einen TRX eintauschen. Doch ruhig weiterlesen! ad 1: bei mehreren OM teilt man die Summe einfach durch die Anzahl der Interessenten; ad 2: (so werde ich agieren) man nimmt Kontakt mit dem nächsten Flug- modellclub auf, die haben doch diese Hubschrauber und sogar noch Leute, die damit umgehen können. Gegen einige Braunsche Röhren ist da doch bestimmt etwas zu machen. Man muß nur einen kennen, der einen Hubschrauber der gewünschten Art hat hat. Mit Sicherheit haben andere schon viel mehr Erfahrungen mit Raketen und Hubschraubern im Antennenbau gemacht, ich freue mich darauf, von denen zu hören/lesen! 73, alles Gute für 1998 und Erfolg bei der Beschäftigung mit Antennen, Peter, DJ2ZS